Zahlen spielen im Sport schon immer eine große Rolle. Klar, schließlich ist der Gewinner derjenige mit den meisten Toren, Punkten oder der niedrigsten Zeit. In den meisten Teamsportarten gibt es auch einen sogenannten „Boxscore“. Dieser bildet je Spieler einzelne Statistiken wie Tore, Vorlagen, Wurfquoten ab. Diese Zahlen galten immer als mehr oder weniger nützliches Beiwerk, bis im Baseball Ende der Neunziger eine Revolution losgetreten wurde.
Die Anfänge
Billy Beane, Manager des Baseball-Teams Oakland Athletics, stellte damals sein Team anhand von bestimmten Kennzahlen zusammen. Damit war er überraschend erfolgreich, obwohl sein Team zu den finanzschwächsten der Liga gehörte. Seine Ansätze haben sich heute längst bei allen Teams durchgesetzt.
Den Ursprung hatte diese Revolution bereits in den Siebzigern. Damals begann der Statistiker Bill James regelmäßig Artikel und Bücher über Baseball-Statistiken zu veröffentlichen. Seine Publikationen fanden auch eine gewisse Leserschaft. Die Entscheider der Profiteams belächelten ihn jedoch eher. Bis Beane kam. Dessen Geschichte verfilmte 2011 sogar Hollywood: Brad Pitt spielte Beane in dem Film „Moneyball“ .
Zahlen veränderten auch Basketball
In allen größeren Sportarten – besonders im US-Sport – wurden mittlerweile die Ideen von James und Bean adaptiert. Viele Top-Teams haben inzwischen ihre eigenen Statistik- bzw. Analytik-Abteilungen. Neben dem Baseball hatte das besonders im Basketball deutliche Auswirkungen auf das Spiel.
Beim NBA-Team Houston Rockets ist mit Daryl Morey seit Jahren ein Analytiker erfolgreich als Manager des Teams. Im Gegensatz zum Großteil seiner Kollegen, ist er selbst kein ehemaliger Sportler. Stattdessen hat er Uni-Abschlüsse in Informatik (mit dem Schwerpunkt Statistik) sowie einen MBA. Vor seiner Basketball-Karriere arbeitete er als Analytiker. Und trotzdem prägte er die Art, wie heute Basketball gespielt wird, wie kein zweiter.
The game has changed. pic.twitter.com/Bqh4swKxCN
— Kirk Goldsberry (@kirkgoldsberry) January 14, 2020
Der Hintergrund für diesen Wandel ist einfach: Mathematik. Ein Wurf von direkt unter dem Korb wird zu rund 60 Prozent verwandelt. Ein Drei-Punkte-Wurf zu knapp unter 40 Prozent. Ein Wurf aus dem Bereich dazwischen hingegen nur zu knapp über 40 Prozent.
Berechnet man dann die Punkte, die man durchschnittlich pro Wurf erzielt, sind das rund 1,2 für unter dem Korb. Für Dreier sind es knapp unter 1,2. Für die Distanz dazwischen sind es hingegen nur etwas über 0,8. Aufgrund dieser einfachen Berechnungen ist der Mitteldistanzwurf mittlerweile fast ausgestorben. Eine der beliebtesten Sportarten der Welt hat sich durch Mathematik so stark verändert.
Statistiken im Handball
In den großen US-Sportarten sowie im omnipräsenten Fußball sind die sogenannten „Advanced Statistics“ (Statistiken, die über die einfachen Punkte pro Spiel oder Wurfquoten hinausgehen) für jeden Interessierten leicht auffindbar. Im Handball ist das leider nicht der Fall. Dabei könnten viele der Grundideen aus den anderen Sportarten übernommen werden. Auch Artikel mit Analysen, die auf diesen aufbauen sind entsprechend so gut wie nicht vorhanden. Lediglich ein paar wenige Spanier (u.a. Anselmo Ruiz de A.Q.) und ein italienischer Blog behandeln diese Themen zumindest teilweise.
Selbstverständlich sehen diese „Verwissenschaftlichung“ des Sports auch weiterhin viele Fans, Spieler und Funktionäre sehr kritisch. Doch Profisport sind nicht eben nur zwei Teams die wild gegeneinander antreten. Die Grundidee des Spiels ist einfach und sie wird es auch immer bleiben. Hinter einem gewonnenen Spiel stehen jedoch schon immer Strategien und Taktiken. Diese beruhen wiederum auf Beobachtungen, Überlegungen und eben Daten. Und kleinste Details können am Ende über Sieg oder Niederlage entscheiden.
Es ist wichtig nicht nur Daten zu nutzen, sondern auch die bestmöglichen Schlüsse daraus zu ziehen. Mit Sicherheit wird es niemals eine allumfassende Kennzahl, einen Heiligen Gral, geben, die alleine aussagt wer der beste Handballer der Welt ist. Die Zahlen müssen auch immer im Zusammenhang mit der Taktik und weiteren Vorgaben der Trainer interpretiert werden. Doch genau dann können Schwachstellen aufgedeckt werden oder bewertet werden, wer zumindest in einem Teilaspekt der beste Spieler der Welt ist.
Die HBL und die Zahlen
Auf der Homepage der Handball-Bundesliga sind bereits viele Daten abrufbar. Auch von den Daten, die zu Beginn der vergangenen Saison in Zusammenarbeit mit dem Sportanalyse-Unternehmen KINEXON erhoben wurden, findet man Auszüge. KINEXON arbeitet bereits mit zahlreichen großen Sportteams zusammen, unter anderem über der Hälfte der NBA-Teams. Sie bezeichnen sich selbst als eine Art Google Analytics für Sport. Einen kleiner Chip im Trikot der Spieler trackt zahlreiche Daten, wie beispielsweise Geschwindigkeit, Sprunghöhe und Spielzeit des Spielers. Teilweise werden auch über einen Chip im Ball Daten erhoben.
Die KINEXON-Daten stehen mir leider nicht zur Verfügung. Doch auch aus den grundsätzlich erhobenen Zahlen der HBL kann deutlich mehr gemacht werden, als es aktuell der Fall ist. Damit der Handball (und seine Berichterstattung) auch in diesem Bereich zu anderen Sportarten aufschließen kann, wurde dieser Blog erschaffen. Hier werde ich in die zahlreichen neuen Themen für den Handball einführen und Zahlen dazu liefern. Altbekannte Themen werden aus neuen Blickwinkeln betrachtet und analysiert. Und vielleicht wird auch mit dem ein oder anderen Mythos aufgeräumt.
Julian Rux
Julian is responsible for most of the content on this website. The Master of Science in Business Administration works in part as self-employed data analyst in Handball where his customers have been HBL, EHF CL, EHF EURO, several teams and many more. In the other part he works as data analyst at the German football club VfB Stuttgart.
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